Italien – „Ich bin nicht nostalgisch, wenn ich an unsere Kindheit denke. Sie war voller Gewalt. So war das Leben. Basta. Wir wuchsen mit der Verpflichtung auf, anderen das Leben schwer zu machen, bevor sie uns das Leben schwer machten.“ Elena und Lili leben Ende der 1950er Jahre in einem der ärmeren Viertel Neapels. Obwohl beide gute Schülerinnen sind, sollen sie keinen akademischen Weg einschlagen, wenn es nach den Vorstellungen ihrer Familien geht. Lila bricht die Schule ab, um bei ihrem Vater, einem Schuhmacher, zu arbeiten. Elena, die von ihrer Lehrerin unterstützt wird, geht auf die Mittelschule und später aufs Gymnasium. Die Wege der beiden Freundinnen kreuzen und trennen sich vor dem Hintergrund der brodelnden und düsteren Metropole Neapel.

 Lettland - Geboren am 27. Februar 1947 in Riga, erhält Gidon Kremer schon im Alter von vier Jahren Geigenunterricht bei seinem Vater und Großvater, die beide professionelle Geiger sind. Zunächst geht Gidon Kremer auf die Musikschule in Riga und später auf das Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau. Man kennt den Musiker für sein breit gefächertes Repertoire, das von Bach bis zu zeitgenössischer Musik reicht. Kremer gilt als einer der größten Geiger und Musiker seiner Generation. Zu seinen Konzertpartnern gehören Martha Argerich, Mischa Maisky, Keith Jarrett, Yo-Yo Ma und viele andere. Als wolle er seine Wurzeln nicht vergessen, gründet Gidon Kremer 1996 das Kammerorchester Kremerata Baltica, das sich aus jungen Musikern aus den baltischen Staaten zusammensetzt.

Litauen - Sie haben es auf sein Leben abgesehen, weiß der Bibliothekar Vytautas Vargalys. Die Arbeitslager in Sibirien hat er überlebt, aber die Sowjetmacht lauert überall: Sie sind allgegenwärtig und Vilnius gehört ihnen... Als Bibliothekar soll er eigentlich gefährliche Werke auf den Index setzen. Als Hüter der Geschichte verfällt der Letzte der Vargalys in ein Delirium, das von einem brennenden Gefühl der Verlassenheit genährt wird. Nur Lolita, eine verführerische Heilige mit dunkler Vergangenheit, kann ihn davon überzeugen, dass das Leben möglich ist. Vilnius Poker ist das Hauptwerk des bereits im Alter von 52 Jahren verstorbenen litauischen Autors Ričardas Gavelis (1950-2002). Erstmals veröffentlicht 1989 kurz nach dem Fall der Mauer, schlug das halluzinierende, paranoide Epos ein wie eine Bombe. Die Berliner taz schreibt: „Man muss Ričardas Gavelis an der Schnittstelle zwischen Surrealismus, magischem Realismus, Kafka und Roald Dahl verorten.“ In Deutschland wird das Werk erstmals im November 2024 veröffentlicht.

Luxemburg - Die Roaring Twenties in Paris. 1928 gibt die Tänzerin Ida Rubinstein bei Maurice Ravel die Musik für ihr nächstes Ballett in Auftrag. Der Komponist blättert dafür in den Seiten seines Lebens: den ersten Misserfolgen, dem Ersten Weltkrieg, der unmögliche Liebe zu seiner Muse Misia Sert. Ravel ist jedoch uninspiriert und wirkt wie gelähmt. Er muss schon tief in sein Innerstes eintauchen, um sein universelles Werk, den Bolero, zu erschaffen. Die Geschichte dieses Stücks, das zu den meistgespielten Melodien der Welt gehört, wurde von der luxemburgischen Drehbuchautorin und Regisseurin Anne Fontaine (u.a. Coco Chanel - Der Beginn einer Leidenschaft) verfilmt.

Malta - Natürlich ist Hugo Pratt kein Malteser, denn er wurde am 15. Juni 1927 in Rimini, Italien, geboren, lebte u.a in Addis Abeba, Venedig, Buenos Aires und starb 1995 in Lausanne. Seine Comicfigur, der Kapitän Corto Maltese hingegen wurde am 10. Juli 1887 in Malta geboren. Cortos Vater war Brite und die Mutter eine spanische Zigeunerin. Dieser Abenteurer mit seiner typischen Schirmmütze erlebt geheimnisvolle, romantische, libertäre und ironische Abenteurer in der ganzen Welt, oft mit historischen Bezügen. Trotzdem hält der Malteser die Farben seiner Heimatinsel hoch. Erstmalig erschien ein Corto Maltese 1967 in Italien mit Una ballata del mare salato (Südseeballade).

Niederlande - Nach dem Erfolg von Große Erwartungen - Auf den Spuren des europäischen Traums (1999-2019) nimmt Geert Mak seine Gedanken zu Europa an der Schwelle zum neuen Jahrtausend in dieser erweitertenAusgabewieder auf. Anhand von Interviews und Begegnungen gelingt es ihm, lebendig den europäischen Geschichtsfaden als reflektierte Chronik weiterzuspinnen. Geert Mak (Jahrgang 1946) untersucht dabei, was uns als Europäer verbindet und was uns trennt. Dieser brandaktuelle Essay lädt uns dazu ein, die Ereignisse, die den Beginn des 21. Jahrhunderts geprägt haben, noch einmal Revue passieren zu lassen – von der Tragödie des 11. September bis hin zu Russlands bewaffneter Aggression gegen die Ukraine. So bietet uns der niederländische Bestsellerautor ein kraftvolles Panorama der letzten zwei Jahrzehnte.

Polen - Janina Doucheyko lebt allein in einem kleinen Weiler im Herzen der Sudeten. Sie ist eine pensionierte Ingenieurin, die sich für die Natur, Astrologie und die Werke des Dichters und Malers William Blake begeistert. Eines Morgens findet sie einen Nachbarn tot in seiner Küche, der an einem kleinen Knochen erstickt ist. Dies ist der Beginn einer Reihe von mysteriösen Verbrechen, an deren Tatorten Tierspuren gefunden werden. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf. Die Opfer waren alle leidenschaftliche Jäger. Agnieszka Holland verfilmte das Buch 2017 als Die Spur. Die Nobelpreisträgerin für Literatur Olga Tokarczuk schrieb das Drehbuch.

Portugal - Das Buch der Unruhe ist das aus 520 Notizen bestehende, bedeutendste Prosawerk des portugiesischen Autors Fernando Pessoa (1888-1935) das erst 47 Jahre nach dem Tod des Autors erstmalig veröffentlicht wurde, denn zu Lebzeiten war der Autor kaum bekannt. Es geht in dem Buch um einen bescheidenen Büroangestellten. Dieser Bernardo Soares ist zwar nicht ehrgeizig, aber hungrig nach geistiger Größe. Mit kritischem Geist und zügelloser Vorstellungskraft nimmt Bernardo Soares seine „Unruhe“ an, um sie zu überwinden. Er baut sich ein persönliches Universum auf, das schwindelerregend unwirklich und doch in gewissem Sinne wahrer als die reale Welt ist.

Tschechien - Boros ist ein Fischerdorf in einem mysteriösen osteuropäischen Land. Nami wächst dort an der Seite seiner Großeltern auf. Die Bewohner des Dorfes fürchten sich vor einem Seegeist. Außerdem fließt der Wodka in Strömen, Frauen werden kaum beachtet und alle Kinder sind mit einem seltsamen Ekzem behaftet. Nami beschließt, das bedrückende Dorf zu verlassen, in die Hauptstadt zu ziehen und seine Mutter zu finden… Dieser faszinierende Bildungsroman hinterfragt die Familie und ist auch ein zutiefst politischer Roman, u.a. eine Anklage gegen industrielle Umweltverschmutzung und die Art und Weise, wie sie die Ärmsten der Armen trifft.

Rumänien - Eugen Dimitri Ionescu, besser bekannt als Eugène Ionesco, wurde in Slatina in Rumänien geboren. Er ist einer der bedeutendsten Dramatiker des absurden Theaters. Die Nashörner schildert eine imaginäre Epidemie, die „Rhinoceritis“, eine Krankheit, die alle Bewohner einer Stadt in Angst und Schrecken versetzt und sie bald in Nashörner verwandelt. Als tragische und komische Metapher für den Aufstieg des Totalitarismus zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zeigt das Buch die Gefahren des Konformismus auf, der durch das Verschwinden des eigenständigen Denkens die Errichtung totalitärer Regime begünstigt.

Slowakei - Das Leben eines Mafioso ist schön, aber kurz. „In der von Kriminalität geprägten Slowakei der 1990er Jahre herrschen der slowakische Geheimdienst und seine korrupten Polizisten. Leutnant Molnár, ein junger idealistischer Polizist, scheint der Einzige zu sein, der die Stadt vom Verbrechen säubern will und damit zum Mann wird, den es zu töten gilt. Miki Miko, sein Partner, hat die Mechanismen der Maschinerie längst durchschaut. Doch als Moly ermordet wird und das Justizsystem alles tut, um die Mörder zu schützen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als Rache zu üben. Arpád Soltész' dritter Roman führt uns in die Untiefen eines Landes, das bis auf die Knochen verseucht ist und in dem es sehr schwer ist, ein Held zu sein. Ins Deutsche sind die  Bücher  von  Arpád Soltész bisher nicht übersetzt.

Slowenien - „... Ich teile die Menschheit in zwei grundlegend verschiedene Kategorien ein: eine Handvoll Menschen, die wissen, wie es um die Realität bestellt ist, und die große Mehrheit, die nicht weiß, wie es um sie bestellt ist.“ Der Großmeister Hassan Ibn Sabbâh, der sich in seiner Zitadelle über der Ebene verschanzt hatte, führte Ende des 11. Jahrhunderts einen heiligen Krieg im Iran. Aus dem Nichts, ohne Armee, ohne Land und ohne Rückhalt am Hof erlangte er schließlich die Weltherrschaft. Ein Jahrtausend später erschüttert die Manipulation der Massen, wie er sie praktizierte, noch immer die modernen Weltreiche. Alamut, eine Mischung aus Abenteuer und politischer Philosophie, beschwört die Gewalt der damaligen Verschwörungen nur herauf, um besser auf die entscheidenden Probleme der modernen Zivilisationen verweisen zu können.

Schweden - Mit der Millennium-Trilogie hat Stieg Larsson das Genre des Thrillers revolutioniert und Hunderte von Schriftstellern beeinflusst. Mikael Blomkvist ist ein brillanter Enthüllungsjournalist, der in Verblendung den Fall um eine 40 Jahre zurückliegende Entführung auflöst. In Verdammnis kristallisiert sich die Hackerin Lisbeth Salander als die heimliche Hauptfigur der Geschichte heraus. Ihre dunkle Vergangenheit kommt ans Licht, und das Buch ist viel mehr als nur ein genreüblicher Thriller, sondern ein gesellschaftskritisches Porträt von Schweden. Außerdem wirft der vor der Veröffentlichung der Trilogie verstorbene Autor Stieg Larsson einen  beunruhigenden Blick auf die dunklen Seiten der menschlichen Seele. Stieg Larssons Bestseller-Trilogie wurde von Kritikern gefeiert. Er schuf damit hochspannende, süchtig machende Krimis über Frauenfeindlichkeit, Intoleranz, Heuchelei, Gewalt und Zynismus.